Interview mit Eicke Schüürmann von LeadingCampings
Erzähl uns ein bisschen über dich und dein Unternehmen, wie hast du angefangen und warum?
Die LeadingCampings (auch bekannt als The Leading Camping and Caravaning Parks of Europe) wurde 1994 von 3 Unternehmern, einem aus Spanien, einem aus Italien und einem aus Deutschland, gegründet. Durch meine journalistische Tätigkeit wurde ich auf LeadingCampings aufmerksam und trat 2005 zunächst als Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei. 2007 wurde ich dann Geschäftsführer. Unter dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ sind wir eine freie Gruppe unabhängiger europäischer Campingresorts mit dem Ziel, das öffentliche Image von Camping zu verbessern und ökologische Nachhaltigkeit zu fördern. Ich kann nicht glauben, dass wir nach 26 Jahren immer noch die einzige europäische Gruppe von unabhängigen Campingunternehmern sind. Wenn man bedenkt, dass so viele Campingurlaube im Ausland stattfinden, macht es natürlich Sinn, die Zusammenarbeit in diesem Bereich von einer nationalen auf eine internationale Ebene zu heben!
Was denkst du, ist einzigartig am Camping? Was liebst du am meisten daran, Teil der Campingbranche zu sein und an den Campingplatzbesitzern und Unternehmen, mit denen du zusammenarbeitest?
Camping ist einfach unkompliziert. Auch wenn es ein „erwachsenes“ Tourismusgeschäft geworden ist, bleibt es im Kern eine junge und einzigartig menschenorientierte Branche. Die Freude und Entspannung unserer Gäste ist ansteckend und hilft dabei, eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, die im Vergleich zu anderen Branchen viel friedlicher ist.
Außerdem ist Camping etwas Angeborenes. Denkt einfach mal kurz darüber nach. Wir benutzen erst seit maximal drei Generationen Computer und sitzen an Schreibtischen bei künstlichem Licht, während die Menschen seit gut fünf Generationen in Fabriken und am Fließband arbeiten. Diese Generationen können wir an einer Hand abzählen! Wenn wir 500 Generationen zurückblicken, betrieben sie typischerweise Ackerbau und Viehzucht und waren sesshaft. Hier ist das Zählen mit den Fingern schon schwieriger. Allerdings ist das nichts – absolut nichts – im Vergleich zu den 10.000 Generationen davor, die nomadisch lebten und sich an Lagerfeuern ausruhten. Der angeborene Wunsch nach dieser Lebensweise sitzt tief in uns und daraus speist sich die Sehnsucht nach Reisen, Roadtrips und Camping inmitten der Natur.
Wie würdest du den typischen Campingplatzbesitzer oder Camper beschreiben, welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen allen Campern?

In der Vergangenheit war der typische Campingplatzbesitzer ein Bauer, der von der Viehhaltung auf die Haltung von Campern umgestiegen ist! Scherz beiseite, die meisten alteingesessenen Campingplätze haben eine landwirtschaftliche Vergangenheit. Heutzutage sind jedoch die zweite und dritte Generation am Ruder, mit mehr professionellen Fähigkeiten und Background.
Was alle Camper gemeinsam haben, ist ihre Begeisterung für die Natur und damit einhergehend ihr Respekt vor ihr. Ich finde, dass Camper, unabhängig von ihrer politischen Einstellung, auch immer weitestgehend umweltbewusste Touristen sind. Aber abgesehen davon, ist kein Camper wie der andere. Soziologisch gesehen befinden wir uns inmitten eines großen Wandels. Auf der einen Seite haben wir die traditionellen „Einmal-Camper-immer-Camper“. Diese Camper sind oft im Ruhestand und kennen das Campen in- und auswendig. Sie haben sich in der Camper-Karriereleiter vom Zelt über den Wohnwagen zum Wohnmobil hochgearbeitet und sind stolze Besitzer. Diese Generation neigt auch dazu, Müßiggang negativ zu bewerten und genießt daher die Umtriebigkeit des Campingalltags sehr.
Auf der anderen Seite haben wir eine ganz neue Generation von Campern: junge Menschen auf der Suche nach „instagrammable moments“, für die das Campen ein willkommenes Mittel zum Zweck ist, eine Möglichkeit, ihre Mountainbikes, SUPs oder Surfkites an den entsprechenden Ort zu bringen oder einen bestimmten Lifestyle online darzustellen. Ich verallgemeinere aber sie verfügen schon in jungen Jahren über größere finanzielle Mittel als die Generation ihrer Eltern. Sie neigen dazu, mit einem Dachzelt, einem Zelt oder einem Wohnmobil zu campen. Hier tritt der Besitzerstolz hinter den Wert des Erlebnisses zurück und so ist das Mieten üblich. Während die älteren Camper wollen, dass das Campen sein rudimentäres Selbst bleibt, mit allen Ecken und Kanten, bevorzugt die neue Generation der Camper ihre Annehmlichkeiten. Vor allem wollen sie, dass alles einfach zu finden und schnell zu buchen ist, daher sind Seiten wie CampInn.com entstanden, die ihnen auf diesem Weg helfen.
Wie hat sich deiner Meinung nach die Welt des Campings in den letzten Jahren verändert?

Obwohl das klassische Camping derzeit einen Boom erlebt, verändern sich auch die Campingplätze rasant und wir haben ein großes Wachstum bei Glamping-Unterkünften wie Schlaffässern gesehen. Mehr-Sterne-Campingplätze werden zu Komplettanbietern und sind Hotels und Resorts in Bezug auf Ausstattung und Einrichtungen oft überlegen! Die Stellplätze werden immer größer, um Platz für immer mehr Fahrzeuge und bald auch für Ladestationen für Elektroautos zu bieten. In letzter Zeit haben wir das Aufkommen von separaten Wohnmobil-Übernachtungsplätzen gesehen, die oft in der Nähe von Städten oder großen Veranstaltungen liegen, sehr kurze Aufenthaltszeiten haben und einen Teil des Wohnmobilverkehrs von den ländlicheren Campingplätzen ablenken. Außerdem sehen wir immer mehr Informations- und Buchungsplattformen wie CampInn.com entstehen. Aber obwohl die Kundenansprache immer digitaler und mobiler wird, bleibt Camping ein Geschäft der menschlichen Begegnungen – besonders auf dem Campingplatz selbst. Bei LeadingCampings ist es unsere Priorität, dass die Menschen als Gäste kommen und als Freunde gehen.
Wie haben sich die Campingplätze, mit denen du zusammenarbeitest, angesichts der Covid-19-Situation gefühlt, als sie ihre Plätze dieses Jahr geöffnet haben?
Niemand hätte dieses Jahr vorhersehen können. Zwei Drittel unserer Campingplätze sind ganzjährig geöffnet und haben ein florierendes Wintergeschäft, sodass die Reisebeschränkungen und die anschließenden Grenzschließungen sie mitten in der Saison trafen. Dies bedrohte ihr Überleben und wir stellten sofort Notfallpläne und Budgets auf. Glücklicherweise entspannte sich die Lage im Sommer und das Geschäft auf den mitteleuropäischen Campingplätzen verbesserte sich, vor allem in Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und Österreich, da die Menschen Camping als eine relativ sichere Art zu reisen entdeckten. Einige Campingplätze schafften es tatsächlich noch, eine Rekordsaison daraus zu machen! Allerdings sieht es schlechter aus, je weiter man nach Süden kommt. Kroatien, Italien (südlich des Gardasees), große Teile Frankreichs, Spaniens und Portugals haben alle immens gelitten. Hier wird es Jahre dauern, um auch nur annähernd an den Umsatz von 2019 heranzukommen.
Welche Chancen aber auch Herausforderungen siehst du für die nächsten Jahre?
Vorhersagen sind etwas für Hellseher mit Glaskugeln aber eine Sache ist sicher. Jahrelang war Camping das hässliche Entlein der Reiseindustrie. Jetzt ist es der Schwan! Wir haben noch nie so viele neue Camper gesehen. Obwohl das großartig war, war es auch eine Herausforderung, da viele der Camper mit der Do-it-yourself-Natur des Campens nicht vertraut waren. Zum Beispiel hatten wir kürzlich ein Paar mit einem neu gekauften Camper, das sich nach einer Woche beschwerte, weil niemand kam, um die Handtücher und das Bettzeug zu wechseln!
Es ist entscheidend, dass die Campingbranche diesen Boom nutzt, um auch weiterhin innovativ zu sein. Eine Lehre aus der Pandemie ist, dass private Sanitärstationen, wie z.B. ein privates, mietbares Bad, eine tolle Idee sind. LeadingCampings bietet bereits mehr als 600 dieser Einheiten an. Auch die berührungslose Technologie ist eine kluge Investition.
Bist du selbst ein Camper? Erzähle uns von deinen letzten unvergesslichen Campingausflügen – was du genossen hast und welche Erfahrungen du gerne teilen würdest. Aus welchem Grund campst du?

Obwohl meine Reisen oft eine Vielzahl von Transportmitteln und Unterkünften beinhaltet haben, bin ich von Geburt an ein Camper gewesen. Ich bin mir sogar fast sicher, dass ich in einem Wohnwagen gezeugt wurde! Alle meine Kindheitserinnerungen sind voll von Campingabenteuern und ich denke gerne an diese Zeit zurück. Im Alter von 19 Jahren, während alle um mich herum ein schnelles, sportliches Auto wollten, habe ich meinen ersten Van zu einem Wohnmobil umgebaut. Heute habe ich immer noch einen kleinen kompakten Reisewohnwagen, den wir vor 10 Jahren gekauft haben. Wir hatten auch einen Hund, der auf alle unsere Campingurlaube mitkam! Der Wohnwagen hat den Hund überlebt und bringt uns weiterhin überall hin. Zuletzt brachte er uns in die Julischen Alpen in Slowenien, wo wir den Sommer mit Wandern und Biken verbrachten. Das ist eine schöne Erinnerung in diesem besonders tristen Jahr! Und warum campen, fragst du? Nun, ganz einfach, weil die Welt deine ureigene Schatzkammer ist. Wenn du zeltest, wird das Frühstück nicht von 7:30 bis 10:00 Uhr serviert. Wenn ich möchte, kann es um 3 Uhr nachmittags sein und ich kann meinen Frühstückstisch direkt an das Ufer eines gurgelnden Bergbachs bringen!
Wo würdest du nach der Covid-19 Pandemie gerne campen gehen?
In abgelegeneren Gebieten auf dem Balkan. Ich bevorzuge kleinere Campingplätze, solche mit versteckten Besonderheiten. Der Campingplatz selbst ist für mich jedoch nicht so wichtig, da er nur ein Basislager ist. Ich bleibe auch selten an einem Ort, denn schöne Landschaften und kulturelle Stätten erfordern meist Rundreisen.
Was sind deine Top Camping Hacks oder Tipps für Camper – egal ob Neueinsteiger oder Profi?
Zunächst einmal ist weniger mehr – schleppe nicht alles mit dir herum ’nur für den Fall‘. Das verschwendet Platz und bringt unnötiges Gewicht mit sich. Je kleiner und wendiger das Campingfahrzeug ist, desto besser ist das Erlebnis. Ich nehme auch gerne mein eigenes Fahrrad mit, weil die Ergonomie stimmt und Leihfahrräder oft die falsche Größe für mich haben. Und wenn du Wildcamping ausprobieren willst, solltest du eine gute, geregelte Solaranlage und ein Licht, sowie eine starke Lithium-Eisenphosphat-Batterie an Bord haben!
Wir würden gerne mehr deiner Geschichten für die CampInn-Community veröffentlichen. Wenn du deine eigenen Camping-Erfahrungen teilen möchtest, kontaktiere bitte das Team unter victoria@campinn.com.